Greift Russland die NATO an?
Ist jemand ein âPutin-Versteherâ, wenn er nicht daran glaubt, dass der Kreml-Herr demnĂ€chst einen NATO-Staatangreifen kann oder gar wirklich angreift? Und wie steht es um AufrĂŒstung und MilitĂ€rausgaben wirklich? FĂŒr die Vorarlberger Nachrichten habe ich dazu unter dem Titel âMehr Diplomatie, bitte!â einen Kommentar geschrieben:
âDie einzige Sprache, die Russland versteht, ist die Sprache der Gewaltâ, so zitiert âDer Spiegelâ den polnischen Schriftsteller Szczepan Twardoch. Das sind SĂ€tze, die Angst machen â zumal sie von massiver AufrĂŒstung begleitet werden.
Putins Armee ist nach fast vier Kriegsjahren bislang nicht in der Lage, die Ukraine in die Knie zu zwingen. Ist es da wahrscheinlich, dass der Kreml-Herr die NATO angreift? Unbestritten geht von Russland Gefahr fĂŒr seine Nachbarn aus. Der fĂŒnftĂ€gige Krieg gegen Georgien im Jahr 2008 und der Krieg gegen die Ukraine beweisen das. Aber ein Krieg gegen die NATO?
2024 beliefen sich die weltweiten MilitĂ€rausgaben auf 2.718 Milliarden US-Dollar, um um 9,4 mehr als 2023. Goldene Zeiten fĂŒr die Waffenindustrie. Die Aktien des deutschen RĂŒstungskonzerns Rheinmetall sind seit Beginn des Ukraine-Kriegs um ĂŒber 2.000 Prozent gestiegen.
Mehr als ein Drittel der Ausgaben entfĂ€llt auf die USA (997 Milliarden). Alle NATO-Staaten zusammen investierten insgesamt 1.500 Milliarden in das MilitĂ€r. Dann folgt mit deutlichem Abstand China (314). Und das unbestritten aggressive Russland? Nach drei Jahren AufrĂŒstung und mitten im Angriffskrieg gegen die Ukraine waren es 2024 149 Milliarden. Das ist zwar viel, aber dennoch nur ein Zehntel der MilitĂ€rausgaben aller NATO-Staaten.
Wer einen russischen Angriff auf die NATO als unwahrscheinlich bezeichnet, wird schnell als âPutin-Versteherâ oder naiv verunglimpft. Die deutsche Theologin Margot KĂ€Ămann hat kĂŒrzlich dazu den ehemaligen Brigadegeneral Erich Vad zitiert: Es gehöre âzu einer klugen MilitĂ€rstrategie, den Feind zu verstehenâ. Nur so bekomme man eine Idee davon, was ihn motiviert und wie er vorgehen will. âPutin-Versteherâ sei also eigentlich gar kein Schimpfwort.
KĂ€Ămann warnt zudem vor allem die Medien davor, angebliche Wahrheiten unhinterfragt zu ĂŒbernehmen. Etwa die immer wieder auftauchende Behauptung, Russland könnte im Jahr 2029 die NATO angreifen: âIch frage mich dann immer: Woher wissen das die Carlo Masalas und Sönke Neitzels dieser Republik so genau?â Sie verweist darauf, dass es keine seriöse Quelle gibt, die so eine Behauptung belegt: âDas wird alles einfach nur behauptet.â Sie finde das âextrem befremdlichâ.
Angesichts der Stimmung in den westlichen LĂ€ndern wĂ€re die LektĂŒre des Bestseller-Autors Erich Maria Remarque (âIm Westen nichts Neuesâ) zu empfehlen. Der hat einmal gemeint: âIch dachte immer, jeder sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafĂŒr sind â besonders die, die nicht hingehen mĂŒssen.âDie Aufgabe der Politik besteht darin, Kriege zu verhindern und der Diplomatie eine Chance zu geben. Ein neutrales Land wie Ăsterreich wĂ€re prĂ€destiniert dafĂŒr, hier eine aktive Rolle einzunehmen und damit auch politischen Geisterfahrern wie Viktor OrbĂĄn den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Kann man mit immer mehr Waffen einen dauerhaften Frieden sichern? Wer sich dagegen ausspricht, wird recht schnell als naiver und weltfremder Pazifist bezeichnet. Unter dem Titel âRĂŒsten fĂŒr den Frieden?â habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar veröffentlicht und bin speziell auf eine mögliche Rolle Ăsterreichs eingegangen:
Die Freiheitsstatue als Symbol fĂŒr die USA hat wohl ausgedient. Wer diese Woche die Reden von US-Verteidigungsminister – pardon – Kriegsminister Pete Hegseth gehört oder darĂŒber gelesen hat, sollte wissen, wohin die Reise dort geht (zumindest in welche Richtung diese Herren gehen wollen). Dass in Europa und Ăsterreich Trumps Vasallen immer stĂ€rker werden, verstĂ€rkt das Unbehagen. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten: âTrumps Vasallen in Europaâ: